Main-Post 25.01.2024
Gut gemeint, aber nicht gut gemacht: Der Paragraph 13b des Baugesetzbuches sollte das Bauen von Wohnungen im Außenbereich beschleunigen. Aber durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom Juli 2023 wurden alle Bebauungspläne in Deutschland nach diesem Paragraphen gestoppt. Und die vom Bundestag beschlossene "Reparaturvorschrift" gilt offenbar als nicht rechtssicher genug. Weshalb Bauleitverfahren wieder von vorne beginnen müssen: Auch Sömmersdorf ist mit seinem geplanten Baugebiet "Am Weihersgraben II" betroffen. In der Sitzung des Gemeinderats Euerbach erinnerte der beauftragte Planer Matthias Kirchner (Ebenhausen) daran, dass der Paragraph 13b zeitlich bis Ende 2024 begrenzt war, dass im beschleunigten Verfahren bei den Belangen der Umwelt zwar der Artenschutz berücksichtigt, aber keine Ausgleichsflächen gestellt werden mussten. Das Gerichtsurteil hatte 13b für nichtig erklärt, Umweltbelange müssen im Einklang mit EU-Recht berücksichtigt werden. "Sehr viele Bauprojekte in Deutschland liegen nun brach", fasste Kirchner zusammen. Bei seinem Büro allein seien es 16 Bebauungspläne. Seit der sogenannten Reparaturregelung, dem neu geschaffenen Paragraphen 215a, stehe sein Telefon nicht mehr still. Auf seine Nachfrage bei drei Landratsämtern hin habe er wenig Auskunft bekommen.
Wozu Juristen laut Planer Matthias Kirchner jetzt raten
215a – und damit die Fortsetzung des Bauleitverfahrens – gilt dann, wenn keine "relevanten" Umweltbelange betroffen sind. "Aber wann ist das schon der Fall?", fragte Kirchner. Die Schutzgüter Boden, Wasser, Luft seien doch immer bei einem Bauprojekt betroffen. Wenn man nun eine Umweltprüfung nachziehen könne, müsse man ein förmliches Verfahren mit Beteiligung der Träger öffentlicher Belange durchziehen. Alle Juristen hätten daher geraten, wenn man Rechtssicherheit wolle, müsse man das bisherige beschleunigte Bauleitverfahren in ein Regelverfahren überführen. "13b ist tot", sagte Kirchner. Aber Bundeskanzler Scholz habe vor kurzem erst gesagt, Bauen müsse schneller gehen, meinte er sarkastisch.
Was heiß das nun für die Gemeinde und das Baugebiet?
Konkret heißt das für das Baugebiet Sömmersdorf mit elf Bauplätzen: Alles auf Anfang. Also den Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan noch einmal zu fassen, was bereits im Juli 2021 geschah. Plus Beteiligung der Träger öffentlicher Belange mit Abwägen der Einwände, plus Fristen, etwa bei der Auslegung des Plans, plus naturschutzrechtliche Ausgleichsflächen. Hinzu kommt: Auch der Flächennutzungsplan muss im Parallelverfahren geändert werden. Nach den Mehrkosten für das ganze Procedere fragte Manfred Peter. Seine eigenen Planungskosten lägen wohl bei wenigen tausend Euro, meinte Matthias Kirchner. Aber Ausgleichsflächen, je nach Eingriff in die Umwelt in Höhe von circa 50 Prozent der Fläche, müssten bereitgestellt werden. Was über eine Gewässerrenaturierung erfolgen könne.
Wann könnten die ersten Häuser gebaut werden?
Zeitlich würde das Bauleitverfahren wohl ein Jahr länger dauern. Gefragt, wann die Bauwilligen tatsächlich anfangen könnten, meinte Kirchner, wenn alles super laufe, könnte 2026 gebaut werden. Was Manfred Peter sichtlich erregte. Bürgermeisterin Simone Seufert wahrte die Fassung und meinte, Emotionen seien nicht hilfreich, man müsse jetzt weiterkommen. Einstimmig fasste der Gemeinderat dann auch den nötigen Überleitungsbeschluss in ein Regelverfahren der Bauleitplanung.
Text und Foto: Silvia Eidel/Main-Post